Dialoge schreiben ist kein Thema, mit dem man große Begeisterung hervorrufen kann. Dabei sind sie ein wunderbares Instrument, um einen Text lebendig zu machen. Das gilt nicht nur für Romane, Krimis und Kinderbücher, sondern auch für Ratgeber, Sachbücher und Selbsthilfebücher. Und natürlich erst recht für Drehbücher von Filmen, Serien, Theaterstücken und Hörbüchern. Da machen Dialoge so einen großen Teil der Arbeit aus – ich habe großen Respekt vor Drehbuchschreiber*innen.
Dialoge in Ratgebern und Selbsthilfebüchern
Ein spannender Krimi oder ein lustiges Kinderbuch kommen selten ohne Dialoge aus, das ist klar. Aber wozu braucht man in nicht-fiktionalen Büchern hin und wieder eine Beispielgeschichte oder einen Rückgriff auf eine Situation? Vieles lässt sich in einem Dialog viel besser darstellen als in einer Nacherzählung, zum Beispiel eine typische Situation oder ein Moment der Erkenntnis.
Um das zu verdeutlichen, lies dir mal die zwei Varianten hier durch. Die Beispielgeschichte hat in einem meiner Elternratgeber die Funktion, zu zeigen, dass es wichtig ist, wie man etwas sagt und was genau man sagt (und ob man das sagt, was man meint :))
Variante A:
Jonas ließ seinen Schulranzen und seine Jacke im Flur fallen, streifte unterwegs die Sneaker ab und schmiss sich im Wohnzimmer auf Sofa. Seine Mutter, die in der Küche das Mittagessen vorbereitete, rief ihm aus der Küche zu, er solle bitte seine Sachen aufräumen. Jonas ignorierte seine Mutter und checkte die letzten Nachrichten aus der Klassengruppe. Seine Mutter rief wieder irgendwas aus der Küche. Auf einmal erschien sie im Türrahmen und schimpfte, weil er ihr nicht zuhörte.
Variante B:
Jonas ließ seinen Schulranzen und seine Jacke im Flur fallen, streifte unterwegs die Sneaker ab und schmiss sich im Wohnzimmer aufs Sofa.
“Räumst du bitte gleich deine Sachen weg?”
Jonas ignorierte seine Mutter, die in der Küche das Mittagessen vorbereitete, und checkte die letzten Nachrichten aus der Klassengruppe. Seine Mutter rief wieder irgendwas aus der Küche.
Auf einmal erschien sie im Türrahmen. “Sag mal, hörst du mich nicht? Räum gefälligst deine Sachen auf, sonst knallt’s!”
Wo kannst du eher mitgehen? Wo siehst du Jonas’ Mutter im Türrahmen stehen, in einer Küchenschürze, den Topfdeckel in der Hand, wütend und die Hände in die Hüften gestemmt?
Du siehst, dass ein Dialog lebensnaher ist und dich mehr in eine Situation reinzieht als eine reine Beschreibung. Das ist das Tolle an Dialogen: Sie erschaffen Bilder in deinem Kopf!
Dos and Donts bei Dialogen
Es gibt ein paar Sachen, die beim Lesen von schlecht geschriebenen Dialogen nerven. Zum Beispiel, wenn da dauernd “er sagte, sie sagte, er sagte,…” steht. Oft ist es gar nicht nötig, zu beschreiben, wer gerade spricht, weil sich das einfach aus dem Text erschließt. Falls nicht, kann man verschiedene Verben dafür benutzen und die Beschreibung mal vor der mündlichen Rede und mal nach der mündlichen Rede einbauen.
Was auch nervt, ist, wenn Figuren nicht wie echte Menschen sprechen. Menschen sprechen selten in ganzen Sätzen, sondern springen, so wie ihre Gedanken auch. Menschen unterbrechen andere, verwenden Füllwörter, schweigen auch einfach mal.
Figuren sprechen nicht gleich. In gut geschriebenen Dialogen sprechen Figuren verschieden. Sie verwenden andere Worte, ihr Stil ist individuell, sie sind fordernd oder devot. Mündliche Rede kann so viel mehr transportieren als nur Inhalt.
Die Funktion von Dialogen
Sie ersetzen die Beschreibung eines Dialogs, also versuche, so wenig wie möglich zu beschreiben. Außerdem sagen sie viel aus über die sprechenden Figuren:
- Charakter
- Stimmung
- Situation
- Thema
- Verhalten
- Beziehung zur anderen Figur
- Ziele
- Gesellschaftsschicht
- Alter
In einem gut geschriebenen Dialog transportierst du als Autor*in also vielmehr Informationen als du dir im ersten Moment vorstellst.
Meine Tricks, wie ich Dialoge schreibe
Mir geht es wie den meisten Autor*innen, ich habe Respekt vor Dialogen. Schlecht geschriebene Dialoge sind eine Qual zum Lesen und zerstören das Leseerlebnis. Was mir hilft, sind diese Tricks:
- Ich gehe dahin, wo Menschen sprechen, über die ich schreiben will. Wenn ich Kindersprache brauche, gehe ich auf einen Spielplatz oder hospitiere in einer Kita. Wenn ich Elternsprache brauche, gehe ich auch auf einen Spielplatz, in ein Einkaufszentrum, in ein Mutter-Kind-Café, in den Zoo oder sonst wohin, wo Eltern mit ihren Kindern sprechen.
- Nach meiner Vorort-Recherche schreibe ich mir sofort ein paar Szenen auf oder spreche sie auf mein Smartphone. So bleibt der Originalton erhalten. Oder ich lasse die Aufnahme sogar vor Ort laufen 🙂
- Wenn ich eine Geschichte schreibe, in der Dialoge vorkommen, versenke ich mich in die Situation. Ich bin dann abwechselnd der Sohn und die Mutter, spüre nach, wie sie sich fühlen und was sie sagen würden. In dieser Stimmung schreibe ich.
- Ich lese meine Dialoge mit etwas zeitlichem Abstand nochmal. Dann fallen mir Brüche auf, die Leser*innen aufstoßen würden.
Keine Angst vor dem Dialoge schreiben
Egal, ob du ein Selbsthilfebuch oder einen Krimi schreibst, trau dich an Dialoge und probier dich aus. Deine Texte können nur gewinnen, denn Leser*innen lieben es, deine Figuren kennenzulernen und mit ihnen zu fühlen.