Jede*r möchte einen Bestseller schreiben
Man muss nur „die richtigen Worte in der richtigen Reihenfolge“ aufschreiben, sagen die Autoren von Der Bestseller-Code*. Tja, wenn das so einfach wäre. Aber in der Tat haben die Autoren mit Hilfe spezieller Computerprogramme ein paar überraschende Antworten gefunden. Und auch wenn Archer und Jockers über Romane geforscht haben, bespreche ich das Sachbuch gerne auf meinem Blog, weil es auch für Sachbuch- und Ratgeberautoren sehr interessante Einblicke liefert. Außerdem liest sich Der Bestseller-Code* spannend, locker-flockig und ziemlich witzig zugleich– bei Sachbüchern keineswegs selbstverständlich. Tatsächlich haben die beiden Literaturwissenschaftler einige auffällige Gemeinsamkeiten bei Bestsellern entdeckt, die man so nicht erwartet hätte.
Sex sells reicht nicht für einen Bestseller
Ein interessantes Ergebnis vorab: Fifty Shades of Grey* von E.L. James ist nicht in erster Linie wegen seiner Sexszenen so oft gekauft worden. Es sind andere Gefühle, die den Leser fesseln, ja geradezu süchtig machen, so dass er das Buch nicht mehr weglegen kann, bevor er es zu Ende gelesen hat.
Aber was ist eigentlich ein Bestseller per Definition? Es ist ein Buch, das sich überdurchschnittlich gut verkauft. Bestsellerlisten basieren auf den Vorlieben des ganz normalen Lesepublikums. Wenn sie sehr, sehr, sehr viele Exemplare davon kaufen, steigt es in den Bestsellerlisten auf die obersten Plätze. Über Qualität oder Stil sagt das Wort „Bestseller“ nichts aus – von Pulitzer-Preisträgern bis zu leichten Romanen ist deswegen immer wieder alles dabei.
Blockbuster-Romane haben Gemeinsamkeiten
In der Literaturwissenschaft hat sich in den letzten Jahren viel getan. Die Linguisten haben ganz neue Arbeitsfelder entdeckt, die ihnen zugegebenermaßen erst durch leistungsstarke Computersysteme zugänglich wurden. Stilometrie nennt man das, oder computerbasierte Untersuchung des Schreibstils. Aber kann man so die Anatomie eines Blockbuster-Romans herausarbeiten?
Die beiden Literaturwissenschaftler fütterten ihren Computer bzw. ihre Programme mit Bestsellern und suchten nach Mustern. Themen, Handlung, Stil, Charaktere – all das musste bei Bestsellern doch zu Übereinstimmungen führen, so die Hypothese. Dass dies kein Blödsinn war, zeigte sich, als sie andere Bestseller, die nicht im Lauf der Programmierung berücksichtigt wurden, durch den Computer jagten. Mit über neunzigprozentiger Sicherheit konnte eine Bestseller-Listung vorausgesagt werden. Wer genauer wissen will, wie die beiden gearbeitet haben – in ihrem Buch lässt sich das ausführlich nachlesen.
Leser muss man fesseln – aber womit?
Hier stelle euch eine kurze Zusammenfassung der Muster vor, die Archer und Jockers entdeckt haben.
Erstens: Es ist das Leseerlebnis, das zählt. Ein Autor, der es beherrscht Thema und Leseerlebnis in Balance zu halten, fesselt seine Leser. Es geht um ein spezielles Erlebnis – Gedanken, Fantasie, Emotionen beim Leser! Demnach muss man sich beim Schreiben immer wieder fragen: Was kann das Thema beim Leser auslösen? Und das sollten sich alle Autoren fragen, auch jene, die Non-fiction schreiben. Welches Gefühl, welche Fantasie, welche Gedanken will ich bei meinem Leser provozieren?
Zweitens: Bestseller-Autoren schreiben über das, womit sie sich auskennen. Auch das eine interessante Beobachtung für Non-fictionalists! Eine Fokussierung auf eine Lebenswelt, ein Thema, ein Erfahrungsbereich usw. sind laut Computerprogramm wichtige Komponenten für Erfolg.
Was in den meisten Fällen erfolgreich die Leser anzieht:
- Einfache Sprache, leicht zu lesen
- Keine übermäßig langen Sätze
- Keine überflüssigen Worthülsen
- Eine glaubwürdige Erzählerstimme
- Im Eröffnungssatz muss ein „Haken“ sein, an dem der Leser hängen bleibt. Ein menschlicher Konflikt muss neugierig machen.
- Die Handlung sollte einem rhythmischen Takt folgen. Welchem man wählt, hängt vom Thema ab.
Mit Talent geht es leichter, aber ohne Handwerkskunst geht es gar nicht
Guter Schreibstil ist im Allgemeinen das Ergebnis einer Kombination: Talent & erlernte Handwerkskunst. Das eine ohne das andere führt kaum zum Erfolg sagen die Autoren von Der Bestseller-Code*. Und natürlich spielt Marketing eine Rolle, das wissen die Autoren auch, aber sie zeigen auch auf, dass Marketing nicht reicht, das Buch muss schon gut sein. Außerdem weisen sie immer wieder darauf hin, dass zum Beispiel E. L. James mit Fifty Shades of Grey* keinen Verlag fand, der das Buch haben wollte. Und die Geschichte von J. K. Rowling und ihrem Harry Potter* kennen wir alle (und hoffen, dass es uns eines Tages genauso gehen wird, ein Verlag unser wahres Potential erkennt und die Belohnung schon noch kommt…).
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