Das ist hier die Frage. Zwar entscheidet plotten oder nicht plotten selten über “sein oder nicht sein”, aber häufig darüber, ob ein Buch irgendwann fertig geschrieben wird. Insofern haben “plotten” und “sein” doch eine Menge gemeinsam.
Was ist überhaupt plotten?
Der Plot ist die Handlung des Romans, Krimis, Kinderbuchs, oder was auch immer du schreiben willst. Zu plotten bedeutet also, am Anfang zu planen, wie die Geschichte beginnt, was passiert, was dann passiert, und dann, und danach, und so weiter, bis die Geschichte mit dem Schluss endet. Dabei legt man unweigerlich auch fest, wer die Hauptfiguren sind und wo die Geschichte spielt (Setting genannt). Klingt nach Arbeit? Stimmt. Klingt unkreativ? Falsch. Denn natürlich lässt du die Fantasie spielen, wenn du deine Geschichte in Stichworten oder kurzen Sätzen entwickelst.
Die Heldenreise als Beispiel für ein Plot-Werkzeug
Vielleicht hast du davon schon gehört. Die Heldenreise gibt dir als Schreiberling verschiedene Stationen als Gerüst vor, und zwar 12 Stationen. Ungefähr so: Held*in ist da, wo er/sie schon immer war, etwas Unerwartetes passiert oder tritt ins Leben, zunächst hat Held*in darauf vielleicht gar keine Lust, aber dann geht’s los. Manchmal kommt hier eine weitere Figur ins Spiel, erfahren, klug und weise. Held*in kommt ins Handeln, es folgen Prüfungen oder Abenteuer, Held*in trifft auf feindliche, aber auch wohlgesonnene Figuren, dann wird es unter Umständen lebensgefährlich und eine lebensentscheidende Herausforderung kommt auf die Hauptfigur zu, die zu einer Transformation führt. Held*in ist nicht mehr die Figur vom Anfang, sondern weiterentwickelt, verändert, wie auch immer sich das zeigt.
Du kannst dir sicher gut vorstellen, dass so ein Werkzeug hilfreich ist, um eine Geschichte zu strukturieren. Gleichzeitig siehst du daran, dass es nur ein Gerüst ist. Was du als Autor*in daraus machst, ist ganz individuell. Vieles wird sich beim Schreiben dazu ergeben.
Lieber einfach drauf losschreiben?
Das geht natürlich auch. Es gibt eine Menge erfolgreicher Autor*innen, die den Plot vor dem Schreiben nicht durchplanen. Je erfahrener jemand im Schreiben ist, umso leichter wird es ihm oder ihr fallen, den roten Faden im Schreibprozess zu verfolgen. Da entwickelt sich ein Gefühl dafür, wie lange Beschreibungen sein können, ohne die Leser*innen zu langweilen, wann es Zeit ist, eine Wendung einzubauen, und wie viele Figuren die Geschichte verträgt, ohne für totale Verwirrung bei den Leser*innen zu sorgen.
Für ungeübte Autor*innen besteht die Gefahr, sich in Szenen zu verlieren und sich viel zu lange an einer Stelle aufzuhalten, wodurch Leser*innen das Interesse verlieren. Auch passiert es dann häufig, dass zu viele Nebenhandlungen und Figuren auftauchen, die Haupthandlung verwässern. Womöglich bleiben sie in der Luft hängen, weil man über die nächsten Wochen (man ist bereits im 16. Kapitel angelangt) vergessen hat, dass man sie mal im zweiten Kapitel eingeführt hat.
Die Schneeflockenmethode als Kompromisslösung
Stell dir eine Schneeflocke vor, die mit ihrer kristallinen Form nach außen immer mehr kleine Seitenarme entwickelt. Wenn du mit der Schneeflockenmethode plottest, beginnst du mit einem Satz, der deine Geschichte zusammenfasst, sozusagen die Essenz. Dann skizzierst du davon ausgehend die wichtigsten Wendepunkte in der Story. Danach nimmst du dir Zeit für die Entwicklung der Hauptfiguren. Nun springst du wieder zur Handlung und entwickelst diese weiter, dann wieder die Figuren. So wächst nach und nach der Plot. Du beschreibst in ganzen Sätzen die Szenen. Ganz praktisch sieht das nachher aus wie eine Tabelle, in der von Anfang bis Ende alles Szenen beschrieben sind.
Was mir an dieser Methode gefällt? Zum einen habe ich dann einen logischen Handlungsstrang und weiß immer, was ich als Nächstes schreiben werde. Zum anderen kann ich mich beim Schreiben ganz auf eine schöne Sprache, fantasievolle Bilder, eindrückliche Beschreibungen und faszinierende Dialoge konzentrieren, da ich einen Rahmen durch die Szenenbeschreibungen habe. Wenn du genaueres zur Schneeflockenmethode wissen willst: Auf dem Blog meiner Kollegin Anette Huesmann gibt es einen ausführlichen Artikel darüber https://www.die-schreibtrainerin.de/schneeflockenmethode/
Meine Meinung: Plotten hilft
Wer mich oder meine Blogbeiträge kennt, weiß, dass ich gerne strukturiert vorgehe. Ich mag gerne Pläne, ich mag gerne Struktur, ich mag gerne wissen, wie die nächsten Schritte aussehen. Aus Erfahrung weiß ich, wie viel schneller ich arbeite und mit meinen Projekten vorankomme. So halte ich es auch bei meinen Schreibprojekten. Es fällt mir viel leichter, mich auch an “bad writing days” an den Laptop zu setzen, wenn ich weiß, welches Kapitel als nächstes dran ist.
Dennoch nehme ich mir immer die Freiheit, im Entstehungsprozess nachzujustieren, Änderungen vorzunehmen und auch mal richtig viel umzubauen. Wenn ich das Gefühl habe (vielleicht auch nach einem Gespräch mit meinem Lektor oder einer Testleserin), dass die Sache nicht rund ist, wird gnadenlos geändert.
Warum erzähle ich das? Weil es eine sehr persönliche Entscheidung ist, ob man überhaupt plottet und wenn ja, wie man im Schreibprozess damit umgeht.
Wie machst du das? Ich bin neugierig! Schreib mir gerne einen Kommentar.